Zuletzt aktualisiert: 15.03.2019/ 19:41 Uhr

Prägung & Sozialisierung

Was Hänschen versäumt...

 

Wenn man sich nur ein wenig mit Hunden beschäftigt, erfährt man wie wichtig es ist, Hunde vom ersten Lebenstag an auf ihr späteres Leben vorzubereiten. Mit "erster Lebenstag" meine ich durchaus bereits den Tag der Enstehung, denn der Hund wird schon im Bauch der Mutter "geformt"! Dies mag lächerlich klingen, aber auch beim Menschen ist es wissenschaftlich bewiesen, dass Kinder von den Stimmungen der Mutter, Musikvorlieben etc. schon vor der Geburt beeinflusst werden.

Stress überträgt sich genauso wie Ruhe auf alle inneren "Organe". Nicht umsonst sagt man "Das schlägt mir auf den Magen!". Wenn die Mutterhündin während der Trächtigkeit ständig unter Stress und Druck steht, sind das keine guten Voraussetzungen damit die Welpen sich zu entspannten, umweltsicheren Vierbeinern entwickeln.

 

Dies ist auch unter anderem ein Grund, warum es absolut dumm ist einen Hund bei Massenvermehrern zu kaufen. Dort werden die Hündinnen meist als Gebärmaschinen missbraucht und bekommen einen Wurf nach dem anderen. Außerdem leben sie häufig nur in kleinen Boxen und Käfigen und wissen nicht, was "frische Luft", "Auslauf" etc. bedeutet. Nicht selten entwickeln sie abnormale Verhaltensweisen aus reiner Unterforderung, oft sind sie extrem verängstigt, schüchtern, abgesehen davon dass sie meist auch krank sind. Dies bedeutet Dauerstress!

Mehr als schlechte Voraussetzungen für die Welpen, bereits vor der Geburt.

 

Weiter geht es mit dem Beginn des Lebens außerhalb der Mutter. In der Prägungsphase (ca. 3. - 7. Woche) und Sozialisierungsphase (ca. 8. - 12. Woche) kann man den Hund noch sehr gut formen. Er tritt Umwelteinflüssen unvoreingenommen gegenüber. Wenn er jetzt viele gute Erfahrungen sammelt ist das eine optimale Voraussetzung für ein entspanntes Miteinander.

Es ist also selbsterklärend, dass es die Aufgabe des Züchters insbesondere in der Prägungsphase und speziell des Halters in der Sozialisierungsphase ist dem Welpen möglichst viel von der großen weiten Welt zu zeigen (Geräusche, andere Lebewesen usw.). Das alles jedoch in einem Rahmen, der den jungen Hund nicht überfordert. Letzteres könnte nämlich ebenso wie das Vorenthalten selbiger Umweltreize negative Verknüpfungen zur Folge haben.

 

Bild: Fee gerade angekommen im neuen Heim - Auch Körpernähe spielt eine große Rolle um den Hund positiv auf den Menschen einzustimmen

 

Selbstverständlich kann man Hunden auch im Alter noch viel beibringen und bis zu einem gewissen Grad "resozialisieren", aber die Erfahrungen die sie in den ersten Lebenswochen machen, prägen fürs gesamte Leben. Da trifft das Stichwort zu "[w]enn die Fenster zur Welt nicht früh geöffnet werden, bleibt auch das weitere Leben von dunklen Schatten gekennzeichnet" (Autor unbekannt).

 

Wichtig es es außerdem dem Welpen oben genannte Ruhephasen zu gönnen um Erlebnisse verarbeiten und erholt neuen Abenteuern entgegentreten zu können.

 

Bild: Nicht nur Menschenkinder brauchen geregelte Ruhezeiten um sich gesund entwickeln zu können!

Wäre ich Züchter, so würde für mich das Wesen genau wie die Gesundheit oberste Priorität haben!  In der heutigen Zeit, in der jeder zehnte Deutsche (in anderen Ländern noch mehr) einen Hund besitzt, ist es einfach unabdingbar einen verlässlichen Sozialpartner zu haben, der sowohl anderen Hunden als auch Menschen und Tieren souverän gegenüber treten kann. Daher kann ich nur jedem raten: Augen auf beim Hundekauf! Die optimale Prägung des Hundes ist mindestens genauso wichtig, wie die Gesundheit!

 

Bild: Ausdruck von Unsicherheit/Angst!

Wird oben Genanntes nicht oder gar falsch umgesetzt, muss man damit rechnen, dass man sich einen unsicheren Hund ins Haus holt. Angst und Unsicherheit haben dabei viele Gesichter! Nicht unbedingt bedeutet Angst = eingeklemmte Rute, angelegte Ohren, geduckte Haltung! Auch unsichere Hunde können in die Leine springen und "aggressiv" auf Umweltreize reagieren (nach dem Motto "Angriff ist die beste Verteidigung"), und oft nur, weil sie gelernt haben durch Imponierverhalten den anderen in die Flucht zu schlagen. Andererseits gibt es aber auch die Hunde, die auf "stur" schalten aus Angst immer alles falsch zu machen, vielleicht als Folge dessen, dass der Halter zu früh zu hohe Maßstäbe gesetzt hat und den Hund überfordert hat.

 

Selbstverständlich ist so ein Verhalten nicht immer auf eine Lücke in der Sozialisierung zurückzuführen, jedoch trägt diese sicherlich dazu bei! Auch Lücken in der Erziehung, Negativerfahrungen etc. sind oft Gründe für derartiges Verhalten.

 

Lange Rede kurzer Sinn, die Aufzucht des Hundes ist mit der wichtigste zu beachtende Punkt, der bei der Anschaffung des Hundes zu berücksichtigen ist. Man tut sich selbst keinen Gefallen damit einen Welpen oder auch erwachsenen Hund zu sich zu holen, der in den ersten 8 Wochen nur vier Boxenwände um sich hatte!

Es ist die Aufgabe des Züchters eine geeignete Hündin und einen geeigneten Rüden auszuwählen und die Welpen in den ersten Wochen optimal auf die folgende Sozialisierung vorzubereiten. Von da an liegt es in den Händen des zukünftigen Besitzers dies weiterzuführen um einen umweltsicheren und verträglichen Vertreter dieser faszinierenden Spezies zu formen!

 

Es ist daher dringend ratsam, sich vor der Anschaffung eines Welpen/erwachsenen Hundes genauestens zu informieren. Sich selbst zu fragen, welcher Hund entsprechend seiner individuellen oder rassespezifischen Bedürfnisse am besten in den eigenen Alltag passt. Sich nach der Geschichte eines Hundes zu erkundigen und abzuwägen ob überhaupt ein Welpe oder älterer Hund in das eigene Leben passt, ob man genügend Zeit hat einem Welpen die "Welt zu zeigen". Sich genau über die Herkunft zu informieren, damit man große Überraschungen vorbeugen kann, zu hinterfragen, wer die Eltern sind, ob diese gesund sind, unter welchen Bedingungen die Hunde aufgewachsen sind und noch vieles mehr.